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Den Text mit Gedanken zum sexuellen Missbauch in der Kirche, der in den Gottesdiensten unserer Pfarreiengemeinschaft am vergangenen Wochenende verlesen wurde, möchten wir denjenigen nicht vorenthalten, die keine Möglichkeit hatten einen Gottesdienst zu besuchen:

„Er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg.“

Jesus spricht in der Synagoge von Nazareth. Sein Wort verärgert viele. Die Menschen geraten in Wut, wollen ihn töten, denn was er sagt, passt nicht ins althergebrachte Bild.

„Er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg.“

Jesus kehrt den Menschen, die nicht einsehen wollen, den Rücken, ohne etwas zu sagen, jedes Wort jede Diskussion wäre verschwendete Zeit.

Wie steht es in unsere Kirche mit Fehlern und Verfehlungen, mit Dingen die so laufen wie schon immer?

  • Wir hören in diesen Tagen nicht zum ersten Mal von Missbrauchsfällen von 1946 bis heute. Immer wieder hören wir von Fällen, die nicht richtig aufgearbeitet oder verschwiegen wurden. Immer wieder hören wir von kleinen hilflosen Menschen, denen Leid angetan wurde und denen später, als sie endlich den Mut hatten darüber zu sprechen keiner zuhörte.
  • Sind wir eine Kirche die Angst verbreitet? Leben wir in einer Kirche die Leben zerstört, nur um selbst gut da zu stehen?

Für den römischen Ritus weltweit regelt der CIC, das Kirchenrecht alle möglichen Dinge die unseren Glauben betreffen. Die Strafverfolgung durch das Kirchenrecht ist unabhängig von der staatlichen Strafverfolgung. Viele der Betroffenen konnten erst nach langer Zeit über das ihnen angetane Leid sprechen. Die Taten waren mittlerweile verjährt und das Kirchenrecht, welches nicht verjährt wurde oft sehr milde ausgelegt oder nicht umgesetzt. Im letzten Jahr wurde das Kirchenrecht in Missbrauchsangelegenheiten verschärft.

Besonders beachtenswert ist, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern und anderen schutzbedürftigen Personen mit c. 1398 CIC nun als eine Straftat gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen gewertet wird. Diese Straftat kann nicht mehr nur von Klerikern, sondern auch von Ordensleuten sowie von Laien verwirklicht werden, die in der Kirche ein Amt oder eine Funktion ausüben. Damit werden auch Mesner, Pastoral- und Gemeindereferenten und andere, auch sogenannte Ehrenamtliche, als mögliche Straftäter in den Blick genommen. Kleriker können mit Amtsenthebung und anderen gerechten Strafen bis zur Entlassung aus dem Klerikerstand bestraft werden, die der Schwere der Straftat angemessen sind. Diese kirchliche Strafverfolgung ist unabhängig und wird zusätzlich zum weltlichen Strafmaß verhängt.

Viel wurde in den letzten 10 Jahren versucht aufzuarbeiten. Strenge Regeln gegenüber den Mitarbeitern durchgesetzt. Regelmäßige Schulungen müssen Hauptamtliche ableisten und auch ehrenamtlich Tätige sind angehalten diese Schulungen zu besuchen. Dennoch hören wir immer wieder von völligem Versagen und unverständlichen Handlungen mancher Bischöfe und mancher Bistumsleitungen. Wir, das hauptamtliche Team der PG Hofheim wird an diesem Wochenende und am nächsten Wochenende in allen Gottesdiensten diese Problematik thematisieren.

Liebe Brüder und Schwestern,

viele fragen sich sicher, was man tun kann? Soll ich aus der Kirche austreten? Soll ich die Lügerei, das scheinheilige Getue hinter mich lassen?

Auch uns als Seelsorgern fällt es nicht leicht mit diesem Thema umzugehen. Ich persönlich frage mich seit langem, ob ich für mich in dieser Kirche noch eine Zukunft sehe. Ist aufgeben für mich als Priester eine Option? Wird es besser wenn viele ihr Amt niederlegen?

Wie geht es euch damit? Sicher überlegen auch hier einige ob es nicht besser ist auszutreten.

Wir erleben in diesen Wochen eine Kirche die Angst verbreitet. Von der frohen Botschaft ist oft nicht viel zu hören. Oft werden in der Kirche Bibelzitate bemüht, um Dinge zu untermauern. Ein Zitat scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Bei Matthäus heißt es: „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.“

Seit einigen Jahren versuchen wir hier als Team mit der Jugendarbeit in unser PG ein positives Bild von Kirche zu vermitteln. Unsere Jugendlichen sollen keine Angst haben, sondern sollen sich später gerne an die Zeit in der kirchlichen Jugendarbeit zurückerinnern. Dafür werden wir als Team auch in Zukunft alles tun.

In vielen Pfarreien leiden nicht nur Gläubige, sondern auch Hauptamtliche Mitarbeiter die sich nicht schuldig gemacht haben, die Tag für Tag versuchen das Pfarreileben aufrecht zu erhalten die von der Last dieser erschreckenden Taten niedergedrückt werden.

Fragen wir uns: Was stört mich an meiner Kirche? Ist es die Verlogenheit, wie es immer wieder zu hören ist? Ist es die Weltkirche, die Kirche auf Bistumsebene, die Arbeit der Caritas und allen dazugehörigen Einrichtungen wie Kindergärten, Seniorenheime oder ist es die Arbeit der Pfarreiengemeinschaft mit deren Tun ich unzufrieden bin? Wie kann ich mich von dieser Unzufriedenheit befreien? Durch Austritt? Oder muss ich vielleicht mal Dampf ablassen? Was muss sich für mich in der Kirche ändern, damit ich mich hier in meiner Gemeinde wohl, ernst genommen und aufgehoben fühle? Welchen Neustart können wir hier vor Ort unterstützen?

Liebe Brüder und Schwestern,

Glaube ist immer Sache der Gemeinschaft. Ich kann jeden verstehen, der bei den aktuell aufgedeckten Verfehlungen der Kirche den Rücken kehrt, oder sich schämt zur Kirche zu gehören. Mit geht es nicht anders. Doch wenn wir hier vor Ort aufgeben, was bleibt dann vom Geist Jesu übrig? Was bleibt in den kleinen Gemeinden, in denen Kirche oft das einzige ist, was vor Ort noch da ist, wo ich mich treffen kann um gemeinsam zu singen und zu beten. Was bleibt dann von Jesu Kirche der Nächstenliebe und der Freude am Leben übrig, wenn wir gehen?

„Er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg.“

Wir als Seelsorgeteam versuchen vorerst nicht weg zu gehen und auch weiterhin so gut wie es geht für euch da zu sein.

Ihr bekommt später Karten ausgeteilt. Darauf darf man seinem Ärger Luft machen, darauf darf man die Dinge schreiben die belasten und auf der Seele liegen, man darf aber auch positive Dinge erwähnen, die mir im Glauben guttun. Die Karten kann man dann im Pfarrbüro oder in Hofheim, Bundorf, Neuses und Leuzendorf in die bereitgestellten Wahlurnen in den Kirchen einwerfen.

Wir als Seelsorgeteam stehen gerne für Gespräche und Fragen bereit.

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