Gedanken zum Sonntag – 11.07.2021 – 15. Sonntag im Jahreskreis – Mk 6,7-13
In einem Band der Comic-Reihe Asterix kommt ein Seher in das kleine unbeugsame Dorf, in dem Asterix lebt. Natürlich ist der Seher ein Betrüger und als Asterix offen sein Misstrauen zeigt, droht der Seher dem Dorf Unheil und Verderben an, wenn er aus dem Dorf verjagt werden würde. Die abergläubischen Dorfbewohner bekommen Angst vor den Flüchen des Sehers, was dieser schamlos ausnutzt: er lässt sich von den Dorfbewohnern versorgen und nimmt sie aus.
Die Jünger Jesu sind wie andere Seher, Propheten und Wunderheiler ihrer Zeit unterwegs, mit nicht viel mehr als ihren Kleidern am Leib. Auch sie sind auf die Versorgung derer angewiesen, die ihren Worten Glauben schenken. Wenn ihnen aber Skepsis und Unglaube begegnen, sollen sie weder drohen noch fluchen. Jesus trägt ihnen auf, dann schnell weiter zu ziehen und „den Staub von ihren Füßen zu schütteln“ – also wirklich alles hinter sich zu lassen, was sie mit dem Ort verbindet, an dem sie und die Frohe Botschaft keine Aufnahmen fanden.
Keine Zeit sollen die Jünger vergeuden, nicht mit Gewalt oder Drohungen, nicht mit der Frage, warum es nicht klappt, nicht mit einem weiteren Versuch am gleichen Ort. Sondern weiter gehen zu den anderen, die offen sind für die Botschaft und die Taten, die Rettung und Heilung bringen.
Ohne Gewalt und Drohungen, ohne Zwang und Furcht vor Strafe verlief die Ausbreitung der christlichen Religion nicht. Immer wieder wurde der Glaube mit der Politik verknüpft und es galt Taufe oder Tod. Immer wieder finden sich Geschichten von Priestern und Mönchen, die verlacht und gedemütigt wurden, die dann ganze Städte verfluchten und in den Untergang rissen.
Außerdem war doch das Seelenheil der Menschen viel zu wichtig, als dass man eine Ablehnung der christlichen Botschaft und der Taufe akzeptieren konnte. Man musste sich nur mehr bemühen oder letztendlich Zwang oder Tricks anwenden, um das Christentum an die Frau und den Mann zu bringen.
Und es gab schließlich auch andere, die sich um die anderen Menschen an anderen Orten kümmern konnten. Weitergehen und nach offenen Menschen suchen war gar nicht mehr nötig.
Heute passiert es wirklich selten, dass ich irgendwohin gehe und wegen der christlichen Botschaft, die ich verkünden soll, abgelehnt werden. Es mag daran liegen, dass ich auch eigentlich kaum unangemeldet vor Türen stehe. Meist wollen die Menschen ja, dass ich sie besuche, zur Krankenkommunion, zum Geburtstag, für ein Gespräch. Und richtig weit bewegen muss ich mich ja als moderne Seelsorgerin nicht, auch wenn die Räume größer werden, und so anstrengend wie zur Zeit Jesu ist es definitiv nicht. Oft kommen ja die Leute auch zu mir – oder eben nicht.
Ist das eigentlich schon Ablehnung, wenn die Menschen heute nicht zu mir kommen, oder Desinteresse oder hätte ich mich mal einfach mehr zu ihnen hin bewegen sollen?
Diese Fragen treiben heute die Kirchen um (und damit geht es uns alle als Christ:innen an), es wird darum gestritten und nach dem Warum und vor allem nach Schuldigen gesucht. Vielleicht sollte man mal wen verfluchen? Oder der Gesellschaft mit dem Untergang drohen?
Aber keine Zeit verschwenden und weitergehen, zu den anderen, die einen brauchen, die offen sind? Nach ihnen suchen? Auf anderen Wegen, an anderen Orten? Ohne Sicherheit? Ohne den Staub der Vergangenheit an den Füßen? Nur getrieben von Jesu Geist?
Würden wir uns das trauen? Würden wir gehen?